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Autorenbildamaara anna drack

1949 – welch ein Jahr.

Laudatio 75 Jahre Muuzemändelcher

 




Es gab für Deutschland und Köln einige wichtige Ereignisse:

 

Das Grundgesetz tritt in Kraft.

Bonn wird Bundeshauptstadt.

Der 1. Deutsche Bundestag wird gewählt.

Die NATO wird gegründet.

Und es erfolgt die Gründung des Europarates durch 10 europäische Länder.

 

Und für Köln: der 1. Kölner Rosenmontagszug nach dem Krieg unter dem Motto:

Mer sinn widder do und dunn, wat mer könne!

 

Und dann folgte das wichtigste Ereignis des Jahres: Die Gründung der

Muuzemändelcher

 

Aber wie war die Situation in Köln? Die Menschen hungerten. Es gab Dürre, Hochwasser und Lebensmittelunterversorgung. Die Stadt war voller Trümmer.

 

Wie kann man da nur an Karneval denken?

 

Auf diese Frage antwortete der damalige Leiter des Nachrichtenamtes der Stadt Köln, Dr. Hans Schmitt-Rost, 1948 dem Merianheft wie folgt:

 

„Man kann den Karneval nicht mitmachen oder ihn lassen, er ist ein Schicksal, - in allem Ernst gesprochen – ein notwendiger Lebenszustand, unentbehrlich in der leiblich-seelischen Ökonomie der rheinischen

Menschen.“

 

„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“, diese Worte aus dem Matthäus Evangelium kann man auch auf den Karneval beziehen. Freude, Leichtigkeit und Humor waren zur damaligen Zeit auch für die Bewohner Kölns wichtig zum Überleben. Trotz der für die damalige Situation extrem hohen Preise waren alle Karnevalsveranstaltungen ausverkauft, so dass es hieß: Die Saalnot ist groß.

 

Aber kommen wir zurück zu den Muuze. Was war im Vorfeld passiert? Kölner Künstler, die in einem Kegelverein organisiert waren, beteiligten sich an der Entschuttung von Gürzenich und Ostermannbrunnen. 

Besonders der Ostermannbrunnen war ihnen wichtig, da hier wieder die Sessionseröcnung am 11.11. gefeiert werden sollte.

 

Wie so oft in Köln geht natürlich nichts ohne singen und schunkeln. Aber man wollte auch etwas Gutes tun. So wurde bei den

Entschuttungsaktionen Geld gesammelt, welches Bedürftigen zugute kommen sollte. Das Geld, insgesamt 300 DM – für damalige Verhältnisse ein großer Betrag -, wurde dem Altersheim in Mülheim für Kacee und Kuchen für die Bewohner zur Verfügung gestellt. Daher fand am 1. Juni 1949 ein bunter Nachmittag unter dem Motto: „Fröhlich fängt die Woche an“ statt. Dies war der Beginn des karitativen und sozialen Engagements der Muuze. Die Fortsetzung erfolgte dann am 03. Februar 1950 mit einer Sitzung für die Kölner Kriegsbeschädigten im vollbesetzten Williamsbau. Fast alles, was im Kölner Karneval Rang und Namen hatte, stellte sich kostenlos zur Verfügung.

 

Ich möchte in der Zeit noch mal ein kurzes Stück zurückgehen. Am 12. Mai 49 trafen sich die Künstler auf der Kegelbahn bei Wentzel am Ring. Es wurde folgender Beschluss gefasst:

 

Der Kegelclub erweitert sich zu einem Stammtisch. Daraus soll sich eine

Gemeinschaft der namhaften Karnevalisten entwickeln, die evtl. In das Vereinsregister eingetragen werden soll. Diese Eintragung erfolgte dann am 13. Dezember 1949 unter dem Namen Muuzemändelcher. 

 

Auf diesen Namen „Muuzemändelcher“ hatte man sich auf Vorschlag von Karl Berbuer, der eigentlich Bäcker war, geeinigt. Denn Muuzemändelcher gibt es nur im Fastelovend.

 

Sinn und Zweck der Gemeinschaft, wie es auch heute noch in der Satzung steht, ist die Förderung des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals, der Fastnacht und des Faschings.

 

Es geht insbesondere um die Pflege der rheinisch-kölnischen Eigenart, dem Erhalt und der Förderung eines volkstümlichen, dem Gemeinwohl dienenden Kölner Karneval in Wort, Schrift, Lied und Tanz. Dazu gehört die regelmäßige Durchführung caritativer Veranstaltungen insbesondere für alte, sozial schwache Mitbürger und für Mitbürger mit einem Handicap.

 

Dies schlägt sich bis heute nieder, indem die Muuze in der kommenden Session das Programm für die 73. SBK-Sitzung und die 70. Sitzung des Blinden- und Sehbehinderten Vereins stellen werden.

 

Am 11.11. 49 wurde der Ostermannbrunnen durch die Muuze wieder eingeweiht, unter anderem durch die 4 Botze mit einem Potpourri von Willi Ostermann. Der damalige Präsident des Festkomitees, Alfred Bodde, legte in seiner Rede fest, dass die Sessionseröcnung von nun an immer am 11.11. sein soll.

 

1952 nahmen die Muuze sogar mit einer großen Abordnung am Rosenmontagszug teil.

 

1961 holte der damalige OB Theo Burauen die Sessionseröcnung auf den Rathausvorplatz. Damit war das „Spill op d’r Rothustrapp“ aus der Taufe gehoben.

 

Die Muuze haben so manche Tradition gegründet. Aus dem Spill op d’r Rothustrapp wurde die Verleihung der Goldene Muuz, die wir im letzten Jahr nun seit 50 Jahren verleihen. 2023 übrigens an Biggi Fahnenschreiber, die ich hiermit recht herzlich begrüße. Der erste Empfänger war 1973 der damalige OB Theo Burauen.

 

Eine weitere Tradition haben wir mit der Verleihung des weinenden und des lachenden Auges ins Leben gerufen. Bei der Feier zur Verleihung der Goldene Muuz erhält das neue Dreigestirn einen Anstecker mit einem lachenden Auge als Start in ihre Session. Im Jahr darauf gibt es dann das weinende Auge als Abschied von der Session. Es ist also ein letzter Auftritt des scheidenden Dreigestirns nach Rückgabe der Insignien, während die Nachfolger schon auf der Bühne stehen. Auch wenn die Verleihung des weinenden Auges lange nach Zick eröm erfolgt, zeigt sie doch, dass es auch im Karneval immer einen Anfang und ein Ende gibt. 

 

Es sind gute Traditionen, an denen wir auch nicht rütteln wollen. Aber leider haben sich in den letzten Jahren – von der Corona-Zeit mal abgesehen – die äußeren Umstände stark geändert. Während draußen auf Heumarkt und Altermarkt der Bär tobt, Müll und alkoholisierte Personen allgegenwärtig sind, haben wir im Rathaus eine kleine, feine Veranstaltung, ganz im Sinne des kölschen Brauchtums: die Verleihung der Goldene Muuz.

 

Leider ist diese Veranstaltung nicht so gut besucht, wie sie es verdient hätte. Unsere Gäste bei diesem Termin sind überwiegend älter. Viele trauen sich am 11.11. nicht mehr in die Stadt. 

 

Aber was ist die Lösung? Sollen wir es so machen wie die Roten Funken?

Die trafen sich früher auch immer am 11.11. am Funkenplätzchen in der Altstadt, bevor sie ins Maritim zogen. Schon seit über 10 Jahren haben die Roten Funken dieses Trecen auf den 12.11. gelegt.

 

Wäre eine Verlegung der Verleihung der Goldene Muuz auf den 10.11. oder auf den 12.11. eine Alternative für uns? Viele werden sagen, das war schon immer am 11.11., das ist Tradition. Das kann man nicht verlegen! 

 

Eine Verlegung hätte aber auch Vorteile: Ein voraussichtlich volles Haus und eine viel bessere Darstellung in den Medien. Sie würde nicht in den teils schrecklichen Berichten über den 11.11. untergehen.

 

Wir vom Vorstand werden dran bleiben und versuchen, eine Lösung zu finden. Diese können wir aber nicht kurzfristig präsentieren, da wir auch von den Genehmigungen der Stadt abhängig sind. Aber wir werden das Motto: „Gutes bewahren und Neues wagen“ zur Grundlage unseres Handelns machen.

 

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs lag die Welt und auch Köln in Trümmern. Ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, dass ein Teil der Welt auch heute in Trümmern liegt bzw. droht, eine Trümmerlandschaft zu werden.

 

Anfang 1948 schrieb der Archivar des Festausschusses, Peter Horatz, einen wirtschaftlichen Bericht über das Jahr 1947. Ich möchte aus seinem Schlussabschnitt zitieren:

 

„Es bewahrheitet sich das alte Wort, dass der Kölner an seinem vaterstädtischen Fest hängt und zu jedem Opfer bereit ist, um für wenige Stunden ein Zipfelchen vom Himmelreich zu erwischen, um in seinen alten, lieben Erinnerungen an die gute alte Zeit zu schwelgen. Wer will da den Karneval verurteilen? Er gibt uns in der größten Notzeit immer wieder frischen Auftrieb und Schacenskraft, die uns dem grauen Alltag entgegengehen lassen.“

 

Lassen sie uns als Muuzemändelcher zusammenstehen und als MuuzeFamilich den Menschen dieser Stadt, insbesondere den Alten und Gehandicapten Freude und Leichtigkeit ins Leben bringen.

 

Dies werden wir allerdings nicht schacen, wenn wir uns nicht auch um

Nachwuchs für die Muuze bemühen. Sie haben heut schon unser ältestes Mitglied, Ludwig Sebus, sowie auch unser jüngstes Mitglied, Merle (9 Jahre alt) gehört. Früher wurden Künstler zu den Muuze berufen. Aber da wollen wir gar nicht mehr hin. Aber wir suchen Nachwuchs. Daher meine Bitte an sie: Sie kennen Künstler, die zu uns passen könnten? Dann sagen sie uns Bescheid. Wir sind für jeden Hinweis dankbar. Wir werden dann schauen, ob sie Familienmitglieder werden wollen und können.

 

 

Ich danke Ihnen für ihre Aufmerksamkeit.


Joachim Badura

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